Blue Minds-Gründerin Eveline Steinberger-Kern, TTTech-Vorstand Georg Kopetz und Innovationsexperte Reinhard Willfort gingen der Frage nach, wie man die Innovationskraft der österreichischen Wirtschaft wiederbeleben könnte
Wenn es um die Steuergelder geht, die in Österreich für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden, liegen wir weltweit betrachtet relativ gut auf Platz 20. Wenn es aber um die sogenannte „Outputeffizienz“ geht, also was tatsächlich raus kommt bzw. bei der Wirtschaft ankommt, nur auf Platz 43. Dieses Versickern von Steuermillionen im österreichischen Bürokratie- und Förderdschungel sei nur einer von mehreren Gründen, warum sich die Innovationskraft der heimischen Wirtschaft in den letzten Jahren abgeschwächt hat. Der Mittelstand, im speziellen KMU, aber auch Start-Ups, sind trotz bürokratischer Hürden immer noch am innovativsten, stimmte der Grazer Innovationsexperte Reinhard Willfort im Rahmen einer Executive-Diskussions-veranstaltung des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation (IFWK) in Wien mit IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer überein.
Wenn man bedenkt, dass es in Österreich mehr als 216 Förderstellen gibt und im Jahr 2014 bereits 136 verschiedene Förderprogramme, dann versteht man, dass sich viele Unternehmer es sich nicht „antun“, einen Förderantrag zu stellen. In diesem Wirrwarr kennt sich kaum jemand aus. Dazu kommt: „Wenn man genau das in den Förderantrag hineinschreibt, was man wirklich macht, bekommt man wahrscheinlich kein Geld“, verdeutlichte Willfort die Hürden, die von Brüssel, Wien und den Bundesländern innovationsfreudigen Unternehmerinnen und Unternehmern in den Weg gestellt werden. Dass Europas Wirtschaft und somit die Arbeitsplätze nur mit Innovationsvorsprung abgesichert werden können, steht außer Zweifel. Dafür bräuchte es aber bereits im Schulsystem Anreize, ein „Feuer für Innovation“ zu erzeugen, betonte der Crowdsourcing-Pionier und Buchautor in den Räumen des innovativen Handwerksbetriebes „Feuerkultur Wieser“ in Wien.
Die schwierige Situation für Start-Ups war einer der Gründe, warum Eveline Steinberger-Kern im Jahr 2014 ihre Blue Minds Company nicht nur in Wien, sondern auch gleich eine Niederlassung in Tel Aviv gründete. Gerade im Tätigkeitsbereich ihres Unternehmens, nämlich dem Finden neuer Geschäftsmodelle im Bereich der Energietransformation, Big Data und IoT kommt es sehr stark auf die Vernetzung der Start-Ups und Unternehmen an. Diese kooperative Kultur findet man eher in Ländern wie Israel.
Der Vorstand und Mitgründer des Hochtechnologie-Unternehmens TTTech, Georg Kopetz, konstatierte, dass es zwar in Österreich sehr viele gute hochinnovative Unternehmen gäbe, viele sich aber wegen der bei uns nicht stark ausgeprägten „Kultur der Anerkennung“ zu wenig in der Öffentlichkeit in Erscheinung treten. Dies sei auch ein Grund, dass der durchaus international beachtliche Erfolg von Unternehmen in Österreich zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. „Wir brauchen viel mehr soziale Vernetzung und Offenheit in Österreich, damit Innovationen stattfinden können“, fügt Kopetz hinzu.
Europa kann nur mit einer eigenen industriellen Cloud-Technologie am Weltmarkt mithalten. Das industrielle Internet der Dinge sei aber nur ein Schlüssel zum langfristigen Erfolg. Wie IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer betonte, muss bereits bei den Kindern begonnen werden, den Spaß am Erfindergeist zu wecken.
An der vom langjährigen Wirtschaftsjournalisten Peter Muzik moderierten Diskussion nahmen unter anderem noch teil: Gastgeber und Geschäftsführer der „Feuerkultur Wieser“, Herbert Wieser, Michaela Novak-Chaid, Geschäftsführerin bei HP Österreich, Ulrike Huemer, CIO der Stadt Wien, Klaus Schmid, CEO bei NTT Data Österreich, Michael Sgiarovello, Head of Corporate Communications bei Henkel, Christine Perkonigg, Marketing & Kommunikation der Donauuniversität Krems, Corporate Advisor Bettina Gneisz-Al-Ani, Engelbert Washietl, Vorstandsmitglied bei IQ und IFWK, Martin Mai, Geschäftsführer von greenmove sowie der Architekt Gerhard Kreiner.