IFWK zeigte pragmatische Wege der Umsetzung sowie Möglichkeiten
der einfacheren Administrierbarkeit auf
Wien, 4. Juli 2024, IFWK. – Die „EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (CSRD) sollte bis 6. Juli 2024 in nationales Recht gegossen sein. Sie schreibt Unternehmen u.a. vor, die Nachhaltigkeitsberichte ab sofort im Lagebericht des jeweiligen Geschäftsberichts zu veröffentlichen, was einen bürokratischen Mehraufwand und zusätzliche Verantwortung für Geschäftsführung, Aufsichtsrat sowie Unternehmenskommunikation bedeutet. Das Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) diskutierte Grundlagen von Reporting und Prüfung, Erfahrungen aus einem konkreten Anwendungsfall und geeignete Software-Unterstützung des Reportings.
Marlene Halikias, Partnerin bei Grant Thornton in Österreich, verwies gleich zu Beginn darauf, dass es im Ermessen jedes einzelnen Unternehmens liege, tatsächlich wesentliche Themen zu identifizieren und damit zu definieren, welche Datenpunkte gemessen werden. Sie empfahl, „die Themen in der Wesentlichkeitsanalyse möglichst gering zu halten“.
Diese von den „Europäischen Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung“ (ESRS) vorgegebene Wesentlichkeitsanalyse sei eine doppelte, so Halikias im Pressezentrum der APA – Austria Presse Agentur in Wien: „Man sieht sich einerseits finanzielle Wesentlichkeiten an, also welche finanziellen Effekte gibt es? Und man sieht sich andererseits die Auswirkungen einer Produktion oder Dienstleistung auf die Umwelt an; zum Beispiel Grundwasser, Bodenversiegelung oder ähnliches.“
1.200 Datenpunkte im Auge haben
Neu ist, dass all diese Angaben von einem Wirtschaftsprüfer geprüft werden und diese Informationen künftig standardmäßig einem Berichtsformat zugeordnet werden müssen. Hierfür ist aber bereits Software-Unterstützung verfügbar, die automatisiert Daten einspielen und dem „händischen“ Führen von Reportings z.B. in Excel klar überlegen ist, wie Michael Ingerisch, Associate Partner bei IBM Consulting, erläuterte: „Je nach Umsatzgröße müssen Unternehmen bis zu 1.200 Datenpunkte für das Reporting berücksichtigen. Dabei kommen verschiedene Datentypen zum Einsatz. Unsere Software Envizi bietet hier eine effiziente Lösung, indem sie diese Daten strukturiert und somit einen besseren Überblick über das Unternehmen sowie die Grundlage für Innovationen schafft. Die Plattform hat den Vorteil, weit über die Möglichkeiten von herkömmlichen Programmen hinauszugehen und unterstützt Unternehmen dabei, sich den neuen Reporting-Standards anzupassen.“
Richtlinie noch nicht österreichisches Recht
Ingerisch merkt jedoch an, dass die CSRD-Richtlinie bisher noch nicht in österreichisches Recht umgesetzt wurde, weshalb in vielen Management-Etagen gezögert werde, sich technisch auf die neuen Standards vorzubereiten. Trotz dieser Herausforderung betont er, dass Envizi neben dem Fokus auf Reporting auch einen Mehrwert für Unternehmen bietet. „Durch verschiedene Module, wie beispielsweise die Szenarienanalyse, ermöglicht unsere Lösung einerseits die Verbesserung der Nachhaltigkeit aufgrund verschiedener Managementhandlungen und bietet andererseits die Möglichkeit, die eigenen Handlungen im Sinne von Kosteneinsparungen zu bewerten. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, über den reinen Reporting-Aspekt hinauszudenken und die Vorteile der Plattform für das gesamte Unternehmen zu nutzen.“
Einheitliche Plattform wäre wichtig
Einblicke in die Praxis gewährte der Leiter der Nachhaltigkeitsberichterstattung der APA und Vorstandsreferent, Bernhard Sonntag: Vom oft mühsamen Ausfüllen von Fragebögen bis zur Schwierigkeit, dem Thema „Management-Attention“ zu verleihen, gäbe es durchaus auch praktische Vorteile wie zum Beispiel, dass man die CO2-Bilanz einzelner Produkte errechnen könne oder auch eine bessere Basis für Förderanträge und Ausschreibungen zur Verfügung habe. Zur Vereinfachung des alljährlichen „Datensammelns“ wünscht er sich die baldige Realisierung einer einheitlichen EU-Online-Plattform für die Einmeldung der Daten, den sogenannten European Single Access Point (ESAP).
Die in der Geschäftsleitung für die Nachhaltigkeitsberichterstattung Verantwortliche sowie CFO der APA, Doris Pokorny, ergänzte, dass nach ihrer Erfahrung von Unternehmen manchmal der Fehler gemacht werde, eine zu große Anzahl von reportingpflichtigen Themen zu identifizieren: „Die Beschränkung dieser wesentlichen Themen sowie Datenpunkte und KPIs auf eine überschaubare Anzahl ist entscheidend für eine erfolgreiche Implementierung. Es geht bei diesem Reporting zwar um die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen und KPIs, aber es müssen keine Maßnahmen zur Prozessverbesserung unmittelbar ergriffen werden“, stellt sie klar, dass auch bei CSRD nichts so heiß gegessen wie gekocht wird.
Chancen für Unternehmen
Trotz der Herausforderungen bietet die CSRD eine Reihe von Chancen für Unternehmen: Durch die Erfüllung der CSRD-Anforderungen können Unternehmen ihr Image verbessern und die Attraktivität für Investoren, Kunden und Mitarbeiter steigern. Die CSRD hilft zudem, Nachhaltigkeitsrisiken zu identifizieren und zu managen, und fördert die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsaspekten, was zu Innovationen führen kann. Um die Herausforderungen der CSRD zu bewältigen, sollten Unternehmen frühzeitig mit der Umsetzung beginnen und sich bei Bedarf professionelle Unterstützung holen. „Jene, die Herausforderungen von der Pflicht zur Kür machen, gewinnen auch im Business“, ist Isabella Mader, Vorstand von Excellence Research sowie IFWK-Vizepräsidentin, überzeugt. Sie zitierte unter anderem aus ihrem neuesten Buch „Digitalisierung & KI strategisch einsetzen“ über ein Dutzend Compliance-Regularien, die von EU-Unternehmen berücksichtigt werden müssen.
Diskussion rund um Kreislaufwirtschaft
Im Rahmen der Diskussion, die von Gabriela Straka, Vorstandsmitglied bei RespACT, moderiert wurde, kam zum Ausdruck, dass die Entwicklung einer CSR-Strategie eine Grundlage für effektive Kommunikation bildet. Unternehmen sollten messbare Ziele und Kennzahlen für ihre Nachhaltigkeitsleistungen festlegen und regelmäßig über ihre Fortschritte bei der Erreichung ihrer CSR-Ziele auch größer berichten. Der Dialog mit Stakeholdern sei dabei essenziell, ebenso wie die Nutzung geeigneter Kommunikationskanäle, um die Nachhaltigkeitsleistungen der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Gäste aus Wirtschaft und Wissenschaft
Zu weiteren Fragen wie Kreislaufwirtschaft oder branchenspezifischen Benchmarks diskutierten unter anderem aus dem IFWK-Vorstand: ESG-Expertin Waltraud Kaserer sowie Amberon-Geschäftsführer Klaus Schmid; aus der Wirtschaft: NTT Austria CEO Roman Oberauer, der Kommunikationsverantwortliche von DS Smith, Hagen Burkert, Verena Treiber von Mediamarkt, Georg Lemmerer von Schelhammer Capital, Martina Kukulka von Austrian Power Grid (APG), Ludwig Steinbauer, PORR, ÖGNI-Geschäftsführer Peter Engert sowie Ferdinand Schütz und Stefan Neubauer von der Kathrein Privatbank.
Aus dem Bereich der Wissenschaften konnte IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer unter anderem begrüßen: Victoria Kaiselgruber, Professorin an der FH Hagenberg, sowie die Autoren des neuen Buches „Strategisches Management der Nachhaltigkeit“ (Springer), Professor Josef Herget und Robert Bodenstein, Präsident der internationalen Consulting-Organisation ICMCI.